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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 9
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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Norden, J.: Berliner Kunstschau
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Die Aunst-Halle

Nr. 9

eine Anzahl Aartons, Bilder aus dem inodernen Leben
aus den „Fliegenden Blättern". Der verstorbene Künstler
war ein tüchtiger Zeichner, der bei aller Genauigkeit nie
pedantisch wirkt. Seine Domäne war das Leben der oberen
Klassen; nut scharfem Blick hat er uns charakteristische
Augenblicksbilder sestgehalten und dabei jede Üebertreibung
verschmäht. A. wildstoßer's Fürst Bismarck, Griginal-
radirung unter Mitwirkung des Professors voll Lenbach,
ist eine feinfühlige Nachschöxfung eines der bekannten
P°rtraik d« Altreichskanzlern r.analn

Herliyei- ^uyskschsu.

Sehr reich ist im Künstlerhause die diesjährige Aus-
stellung der „Gesellschaft Deutscher Aquarellisten"
beschickt. paben sich auch nicht alle Mitglieder an ihr be-
theiligt, so sind dafür einige gleich mit großen Kollektionen
erschienen und dann ist die Zahl der Gaste dieses mal ge-
stiegen. Unter ihnen befindet sich z. B. Paul Meyerheim,
der mit seinen orientalischen Motiven sich hier in die Reihe
der kräftigen Koloristen stellt, ohne grell zu wirken, wie
das wohl Max Uth xassirt, der seiner Freude an der
Lokalsarbe mitunter aus Kosten des einheitlichen Gesammt-
emdrucks freien Laus latzt. Aber ich gebe gern zu, daß
man tzch auch m ferne Auffassung hinelnsehen kann.
Interessant giebt sich Willy Pamacher irr serner Mond-
nacht am Golf von Neapel, wo namentlich der geheimniß-
volle nächtliche Wasserglanz gut herausgebracht ist. Sehr
ehrlich wirkt Ulrich pubner in seinen zwei großen
Bildern, von denen der „Morgen aus dem Meere" sogar
entschieden seinem Gelgemalde von treulich, das ein ganz
ähnliches Motiv behandelte, vorzuziehen ist. Dann nenne
ich noch Rud. Dammeier, Karl Breitbach — be-
sonders sein klares, seines Interieur eines Kapuzinerklosters
— Paul Bach und Adolf pölzel. Bach's „Abend im
Dors" und „Mondnacht" zeigen ihn aus dem Boden der
Dachauer Ausdrucksweise, der pölzel längst zugeschworen
hat. Aber solch' harmonische Ruhe zu erzielen, wie es
z. B. Ludwig Dill in seinen schwermuthigen, saft
düsteren Landschastsausschnitten thut, suchen wir bei ihm
vergebens. Ls ist schwer, einem seiner Blätter den Preis
zu ertheilen, da entscheidet schließlich das persönliche
Empfinden. Mir sagt am besten das dammerungsumhullte
Landstadtchen zu. Ls quillt ein ganzer Born von Farben-
poesie und Stimmung in ihm. Ludwig Dettmann brillirt
auch dieses Mal mit einer farbenreichen Palette. Besonders
effektvoll sind die Motive aus Gberitallen, vom Gardasee
zumeist. Und hier hat er mit besonderer Pingabe den
durch Steine, Schlamm, Wasserpflanzen bunt schillernden
Untergrund smaragdgrünen Wassers studirt. Freilich er-
zielt er seine kräftigen Wirkungen nicht lediglich durch
reine Aquarellmalerei, sondern mit Pilse pastös aus-
getragener Deckfarben. In den Norden fuhrt uns Walter
Leistikow mit seinen realistischen norwegischen Szenerien.
Ebenso bedeutend ist er in der Wiedergabe der intimen
schlichten Reize unseres Grünewalds. Unverändert bleibt
Pans perrmann, dabei einer der wenigen, der am
reinen Aquarell sesthalt. Das kleine Bildchen „Abend"
mit dem schönen braunen Ton, das große „Platanen" mit
der durchsichtigen Lust unter dem Riesenbaum, das Amster-
damer Motiv mit der hellröckigen Köchin vorne, die den
gelbrothen Eimer scheuert, gehören zum Besten aus der
Ausstellung. Friedrich Stahl steht noch immer im Banne
der blauen Töne. So malt er uns eine interessante abend-
liche päusersilhouette aus Metz, so auch eine sonnige Flirt-
Episode in den Ruinen einer antiken Arena, pugo Vogel
bietet ebenfalls noch Italienisches: die Fontaine von
Frascati mit einer maßvolleren Palette als sonst. Vogel
hat serner ein gutes Damenportrat gesandt. Die Figuren-
malerei ist nicht allzu zahlreich anzutreffen. Ich nenne
noch Pans v. Bartels wie gewöhnlich rosiges holländi-
sches Fischermädchen, eine ruhende Dame in rother Blouse
von Schmidt-Michelsen, der auch eine „Fußwäsche" aus-

stellt, und Franz Skarbinas Perrenporträt mit virtuoser
Kleinmalerei des Stofflichen. Letzterer schenkt uns übrigens
nicht eine lange Reihe von Studien zu einem großen Gel-
gemälde, die ganz in Millet'scher Art gehalten sind.
Daneben giebts von ihm Erinnerungen an das Karlsbader
Badeleben, einen „reitenden Schutzmann", Typen vom
flachen Lande und einen einsamen Wanderer in nächtlicher
Dorslandschast. Der jüngst aus Düsseldorf hierher berufene
Arthur Kamps hat nur ein einziges Bild. Aber dieser
heimkehrende Feldarbeiter ist wieder von besonderer Kraft
des Ausdrucks und feinster Farbenempfindung. In seiner
Nähe hängt das übliche holländische Bild von M. Lieber-
mann — Strandszene von Scheveningen — nach be-
währten Vorbildern nicht ohne Reiz gemalt. Gregor
v. Boch mann hat ein paar Kühe gesandt, ein ihm ganz
neues, aber glücklich behandeltes Motiv. Freude machte
mir endlich Max Fritz, obwohl er manchmal seinen Pang
zu koketter Süßlichkeit nicht ausgeben will; aber daneben
wirken seine schlichten Arbeiter: „Friedhof aus Rügen",
„Novemberstimmung", „Am Deich" u. a. um so tiefer.
Ebenfalls im Künstlerhause stellt die „Vereinigung
W97" aus. Ihren Kern bilden einige wernerschüler:
August v. Brandts, Westphalen, Karl Ziegler a. A.
Aber ihr Zusammenhang mit dem Lehrer ist heute nur
noch ein äußerlicher. Noch bewußter als erstgenannter in
einem grünen Wiesenplan mit alter Baumreihe hat sich -—
in einer „peuernte" und einer Abendlandschast — West-
phalen in die Reihe der zahmen Impressionisten gestellt.
Gtto p. Engel giebt sich hier grün in grün. Lin sonniges
pugelgelände, eine friedvolle Kapelle eingebettet zwischen
reicbbelaubten Abhängen, ein zartgekleidetes Mädchen als
belebender Fleck im vielen Grün. Etwas enttäuscht hat
mich Karl Ziegler mit dieser „Dame im Lehnstuhl",
In der Vortragsweise sucht es ihm Meyer-Lüben gleich
zu thun mit seinem portrait einer jungen Dame aus grau-
grünem gemusterten pintergrunde. Dann ist Franz
St aß en da. Er entwickelt sich sichtlich nach der male-
rischen Seite hin. wie er den Sonnenschein ersaßt, wenn
er hinter Baumreihen Fluren und pügel vergoldet, das
ist sein empfunden, wenn auch mitunter etwas hart wieder-
gegeben. Die „Sommerwolke" zeigt fast Böcklin'sche Kraft
der Farbengegensätze, während der pl. Franziskus von der
Innerlichkeit Thoma'scher Auffassung ist. Sehr bsachtens-
werth sind auch Fritz Klimsch's Statuetten, namentlich
die antik empfundene Tänzerin, die am Gewände aus der
Schulter herumnestelt und die impressionistische sitzende
Dame, sowie Gaul's Schafe und Ziegen. Norden
Die „2H Münchener" — eine Wanderausstellungs-
gruppe der Sezesstoniften — sind wieder in Schulte's
Kunstsäle eingezogen. Ls sind zum Theil Namen von
bestem Klange, doch auch weniger berühmte, deren Träger
indeß hier nicht das mindest Gute beigesteuert haben. So
scheinen mir z. B. die seinen herbstlichen Stimmungsbilder
in Pastell von Theodor Pummel, oder das perbstmotiv
von Leonhard Butter sack, serner ein Paar koloristisch
schön empfundene Interieurs von Pans Borchardt mit
Figuren in der Modetracht der 50er Jahre, namentlich die
alte Näherin, Eh. Vetter's abendliche Münchener Straßen-
szene, Adelbert Niemeyer's sarbenkrästige, flottgemalte
Szene vom Starnberger See, Johannes Leonhardt's
charaktervolle Porträtstudien eines alten grauhaarigen perrn
und einer jungen Dame in schwarzem Iacket und braun-
gelbem Promenadenrock — zwei Studien, die, abgesehen
von der lebensvollen Auffassung, schon durch den vornehmen
dunklen Grundton Wirkung erzielen, endlich auch Viktor
Thomas' schnebeedeckte, durch ein Fenster zu sehende
Dächer beachtenswerth. Und ohne Frage künstlerisch werth-
voller als v. pab ermann's nervöse Karrikatur einer ausge-
zehrten jungen Arbeiterin im Morgennegligee oder als Ext e r' s
„Adam und Eva" und nackte Mädchen in einem impreisio-
nistisch hingeworsenen farbigen Waldwinkel oder auch
selbst als Franz Stuck's leichensarbige „Furie" oder Meduse,
die im tiefen Dunkel nur den Gberleib und die zum Greisen
gekrallten pände sehen läßt. Exter verwandt zeigt sich
Ehr. Landenberger in Ton und Vortragsweise. Sein
„Spaziergang nach dem Bade" zeugt aber gleichzeitig von
 
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